„Ich musste meine persönliche Kommunikationsweise optimieren“
– Interview mit dem Unternehmer André Jochem über virtuelle Assistenz

André Jochem, Gründer von paleo-dad.com – Details: http://about.me/andrejochem
Schon mal etwas von „paleo-dad.com“ gehört? Das ist die letzte Gründung von André Jochem, einem erfolgreichen Unternehmer und begeistertem Koch. Um Geschäftliches und Kulinarisches zu verbinden rief er paleo-dad.com ins Leben. Auf dieser Webseite finden vorzugsweise ernährungsbewusste Männer Tipps und Ernährungspläne für einem gesunden Lebensstil nach der „Paleo-Diät“. Der gerade einmal 32 Jahre alte Jochem ist mit 14 Jahren Erfahrung in der Investment-Industrie ein alter Hase und hat bereits viele Gründungen hinter sich. Als Venture-Capital Investor blickt er er auch auf internationale Stationen wie Spanien und Großbritannien zurück. Außerdem begleitet er Start-Up-Unternehmen als Business Angel und Consultant.
Jochem hat sich intensiv mit Ernährung beschäftigt, die auf sämtliche industriell verarbeitete Lebensmittel verzichtet. Die Methoden und Rezepte wurden bei Familie und Freunden ausprobiert und kurzerhand wurde ein Onlineunternehmen daraus, dessen Kundenkreis sich von Europa bis in die USA erstreckt.
Wer sich so aktiv und furchtlos in Unternehmungen stürzt, braucht Möglichkeiten, um sich von den lästigen Aufgaben zu befreien und Platz für die nächste Idee zu machen.
Jochem beschäftigt neben einer örtlichen Assistenz bis zu drei virtuelle Assistenten, die in bei seinen zahlreichen Aufgaben unterstützen.
Wie sind Sie darauf gekommen, eine virtuelle Assistenz zu nutzen, was war der ausschlaggebende Grund?

Steinzeiternährung, Steinzeitdiät oder Paleo-Diät (richtig eigentlich „Paläo-Diät“) ist eine Ernährungsform des Menschen, die sich an der vermuteten Ernährung der Altsteinzeit orientiert. Anders als in der kohlenhydratreduzierten Ernährung sind in der Steinzeitdiät unbegrenzte Mengen hochglykämischer Anteile, wie getrocknete Datteln oder Feigen, erlaubt.
AJ: Bereits 2005 habe ich mich zum ersten Mal mit den Möglichkeiten der virtuellen Assistenten beschäftigt, allerdings damals noch nicht umgesetzt. 2010 kam der erste Testlauf mit einzelnen Projekten, die ich ausgelagert habe und seit 2011 nutze ich virtuelle Assistenten als festen Bestandteil meines Teams. Der ausschlaggebende Grund für mich war letzten Endes, dass mein Reisepensum mit durchschnittlich 100 Tagen pro Jahr zu viel Zeit Anspruch genommen hat, dazu noch in vielen verschiedenen Zeitzonen. Die Koordination von Aufgaben und Projekten litt natürlich deutlich darunter.
Haben Sie gezögert sich für eine virtuelle Assistenz zu entscheiden? Die Möglichkeit mit jemandem virtuell zu arbeiten schreckt viele Unternehmer ab, zu kompliziert erscheint die Zusammenarbeit, zu hoch der Aufwand.
AJ: Nein, eigentlich nicht – allerdings habe ich mir auch viel Zeit gelassen bis ich mich zu 100% darauf eingelassen habe. Die größte Schwierigkeit sehe ich in einer klaren und einfachen Kommunikation. Es ist ein wenig einfacher, wenn man sich auf demselben Flur befindet.
Im Prinzip unterscheidet sich die Arbeitsweise nicht wirklich von dem mit „echten“ Personen. Allerdings haben VAs natürlich eine ganz klare Grenze: die Anwesenheit vor Ort. Schnelle Erledigungen, Post, und so weiter sind von einem VA im Regelfall nicht ausführbar.
Welche Aufgaben übernimmt eine virtuelle Assistenz heute für Sie?
AJ: Thematisch so ziemlich alles. Anfragen von Kunden, Zahlungseingänge kontrollieren, die Abstimmung mit Steuerberatern, Reisen buchen und auch schon mal Recherche zu geschäftlichen Themen oder sogar die Vorabbesichtigung neuer Räumlichkeiten. Letzten Endes habe ich mich dazu entschieden, da dies alles keine sehr komplizierten Aufgaben sind, aber oftmals sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, die ich wiederum viel gezielter für meine eigentliche Arbeit einsetzen kann. Ich habe so auch mehr Zeit für meine Familie und muss die Abende und mein kostbares Wochenende nicht der Arbeit opfern.
Hatten Sie jemals das Gefühl, dass eine virtuelle Assistenz zu nutzen Risiken birgt? Dass die Stunden nicht richtig abgerechnet werden oder Daten nicht sicher sind.
AJ: Natürlich war ich am Anfang ein wenig skeptisch, jemandem, der zig-tausende Kilometer entfernt sitzt und den ich nicht kenne, meine Kreditkartendaten zu überlassen.
Inzwischen habe ich aber mehrere Mechanismen, die – für mich – eine ausreichende Sicherheit darstellen. Ich nutze zwei Prepaid-Kreditkarten, eine für die Kosten meiner VAs und eine weitere für alle Bestellungen, die diese in meinem Namen aufgeben. Darüber hinaus habe ich darum gebeten, dass mir ein erfahrener Angestellter der Firma zugewiesen wird, der zudem auch schon einige Jahre in der Firma arbeitet, hier zahle ich gerne etwas mehr. Weiterhin habe ich mir einige Referenzen von den ausgewählten VAs und der Firma dahinter besorgt und diese überprüft.
Haben Sie bisher keine negativen Erfahrungen gemacht?
AJ: Bisher keine nennenswerten. Wenn, dann ganz am Anfang und diese waren ausschließlich auf eine schlechte Kommunikation meinerseits zurückzuführen. Ich musste meine persönliche Kommunikationsweise und Aufgabenstellung optimieren, um möglichst effizient mit den VAs zu arbeiten. Wir tauschen uns im Regelfall per Email oder Skype aus. Der Austausch findet im Regelfall zweimal die Woche statt, bei zeitkritischen oder komplexeren Aufgaben auch täglich.
Worauf sollte ein Neueinsteiger unbedingt achten, wenn es sich für eine virtuelle Assistenz entscheidet? Gibt es Tipps, um Anfangsschwierigkeiten aus den Weg zu räumen?
AJ: Am Wichtigsten ist, wie schon erwähnt, eine saubere Kommunikation und Aufgabenstellung. Dies spart eine Menge Zeit und damit bares Geld. Anfangs lief dies ziemlich holprig, allerdings war dies weniger die Schuld der VAs als meine eigene. Der VA hat lediglich genau das umgesetzt, was ich „bestellt“ hatte – beispielsweise einen Flug von Frankfurt nach Zürich an einem bestimmten Tag. Das dieser Flug über Berlin ging und ich so keinesfalls meinen Terminplan einhalten konnte, war letztendlich meine Schuld, da ich lediglich angegeben habe wann ich wohin möchte. Inzwischen gibt es eine vollständige und lebendige Liste von meinen Präferenzen.
Zudem bitte ich um eine Bestätigung und Wiedergabe der Aufgabe mit eigenen Worten des VAs, um Missverständnisse zu vermeiden.
Dies lässt sich auf alle Aufgaben ausweiten. Je präziser die Aufgabe gestellt wird, umso schneller und problemloser kann sie erledigt werden. Zudem würde ich empfehlen, sich die fachlichen Fähigkeiten der angebotenen VAs genau erklären zu lassen. Um vordefinierte Mailings zu verschicken, brauche ich keine ausgebildete Fachkraft, für komplexere Excel-Aufgaben brauche ich jemanden, der sich damit gut auskennt, sonst zahle ich am Ende viele Stunden dafür, Fehler korrigieren zu lassen oder selbst korrigieren zu müssen.
Für wen lohnt sich eine virtuelle Assistenz und wieso?
AJ: Eigentlich für jeden, der einen eBay-Account sein Eigen nennt. Denn es fallen immer wieder mal Kleinigkeiten an, um nur eine Möglichkeit zu nennen. Hierfür würde ich allerdings kein Monatsabo eingehen, sondern auf die – etwas teurere – Pay-as-you-use-Variante setzen.
Können Sie sich vorstellen in Zukunft verstärkt mit virtuellen Kräften zu arbeiten? Ist die virtuelle Assistenz ein Zukunftsmodell?
AJ: Ganz klar: Ja! Zu beidem.
Wie haben Sie ihre VAs gefunden?
AJ: Ich habe mir mehrere Firmen angeschaut und mich mit dem jeweiligen Verantwortlichen ausgetauscht, um meine Anforderungen zu definieren. Daraufhin wurden mir verschiedene VAs vorgestellt. Die Auswahl habe ich dann nach meinen Projektanforderungen getroffen.
Das Bewerbungsgespräch lief eigentlich ähnlich ab wie bei einer „echten“ Anstellung. Ich habe mir die Lebensläufe schicken lassen, hierzu Fragen gestellt, mich mit den VAs über Testprojekte und ihre Lösungsansätze ausgetauscht und dann soweit wie möglich den Background gecheckt, bzw. mir Referenzen nennen lassen, die ich überprüft habe. Ich kenne sie so eher oberflächlich, aber im nächsten Frühjahr werden wir uns alle zusammen in Deutschland treffen.
Wie funktioniert die Arbeit ihrer „echten“ Assistentin und dem virtuellen Team, ist eine „echte“ Assistenz unabdingbar?
AJ: Von mir definierte Arbeiten werden von der „echten“ Assistenz an die VAs weitergeleitet und auch kontrolliert. Sie berichtet mir dann und ich brauche nur noch einzugreifen, falls es mal Schwierigkeiten gibt. Diese Kombination ist für mich persönlich genau richtig.