Lifestyle Entrepreneure – sich selbst gründen
Warum werden Menschen zu Gründern? Hauptsächlich, weil sie eine gute Geschäftsidee umsetzen wollen. Laut KfW Gründungsmonitor ist der zweite Grund, der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Aber es gibt immer mehr Menschen, die gründen, um sich selbst zu verwirklichen.
Eine einzige allgemeine Bezeichnung hat man für diese Freiheitsliebenden noch nicht – Suitcase oder Lifestyle Entrepreneure, Freedom Business – sie gründen, um dort arbeiten zu können, wo sie wollen und wann sie wollen.
In einem Interview mit der Wirtschaftswoche Ende Januar 2015 mit einem solchen Lifestyle Entrepreneur, dem US-Amerikaner Jesse Krieger, fällt folgender Satz: Seinen Lebensstil in den Mittelpunkt der unternehmerischen Aktivitäten stellen.
Hatte man als Gründer nicht normalerweise sein Privatleben, Träume und Ziele erst mal hinten anstellen müssen, um später dann hoffentlich die Früchte seiner Arbeit ernten zu können?
Gründer der Generation Y wollen mehr, arbeiten, reisen, das Leben auskosten – bevor sie im Rentenalter sind.
Wie sehen solche unternehmerischen Selbstverwirklichungen aus?
Jesse Krieger hat studiert, war Investmentbanker, Musiker, Buchautor und Gründer eines Technologie Startups. Er war während des Studiums in China, lebt jetzt im Silicon Valley und hat verschiedenste Projekte am Laufen. Heute darf man ihn auch zu den Lifestyle Entrepreneuren zählen. Es ist ein exotischer Lebenslauf, der nicht als Blaupause gelten kann. Aber genau darum geht es ja: einen individuellen Lebensstil gestalten. Lifestyle Entrepreneure haben einen Lebenslauf, der alles beinhalten kann, nur keine klassische Laufbahn. Künftig wird es mehr solcher Lebensläufe geben, an denen man tatsächliche Träume und Ziele einer Person ablesen kann, der im traditionellen Sinne keinen roten Faden hat. Besser gesagt, es ist ein roter Faden der eigenen Persönlichkeit, der sich nicht an gängigen Karrierestufen orientiert.
Profitmaximierung ist nicht das oberste Ziel. Die Vereinbarkeit von persönlichem Lebensstil und Geldverdienen trifft es besser. Manche Reiseverrückte werden zu digitalen Nomaden, die von überall aus der Welt ihr Unternehmen koordinieren, andere verfolgen moralische Werte und wollen die Lücken von mangelnden Alternativen in der Wirtschaft füllen.
Wie die aktuelle Diskussion im Landtag NRW’s zeigt, gibt es gerade was die Gründungskultur und die Einstellung vieler Leute (nicht nur des einen SPD-Politikers) dazu betrifft erhebliches Potential.
Lifestyle Entrepreneure und Digitalen Nomaden ist es auch gerade wegen solchen Diskussionen in unseren Breitengraden oft zu eng. Entsprechend locken die liberalen Standorte Asiens oder Amerika. Es ist nicht immer nur das Wetter.
Globale Kollaboration durch virtuelle Assistenz
Die Motive zu gründen sind so vielfältig wie die Persönlichkeiten selbst. Nur eines haben sie gemeinsam: die virtuelle Welt. Ohne das Internet ist mobiles Arbeiten nicht möglich. Das World Wide Web erlaubt es nicht nur am Strand von Brasilien zu arbeiten – denn fast überall auf der Welt ist es einfach geworden eine gute Internetverbindung zu bekommen – es erlaubt auch ein Unternehmen zu führen, mithilfe anderer digitaler Arbeiter.
Unternehmer nehmen wiederum die Leistungen anderer Unternehmer durch das Internet in Anspruch. Sie brauchen keine Abteilung für Buchhaltung mehr, dafür gibt es andere Startups wie freshbooks.com oder runmyaccounts.ch, die diese Aufgabe erledigen. Briefe werden vom Berliner Startup Dropscan oder der Schweizer Post mit dem e-PostOffice digitalisiert und weitergeleitet, wo auch immer man sich gerade befindet. Oder die mittlerweile zahlreichen Varianten von virtuellen Assistenzen, die entweder in einem virtuellem Unternehmen angestellt sind oder autonom ihre Dienste von überall aus der Welt anbieten. Die Selbstverwirklicher nehmen diese Dienste in Anspruch, um ihre Geschäftsprozesse zu koordinieren. Arbeit, die abgegeben werden kann, wird digital erledigt. Ein Beispiel dieser neuen Kollaboration ist das Startup-Unternehmen Strandschicht. Es bietet die Dienste virtueller Assistenten an, die alle Routineaufgaben eines kleinen Unternehmens erledigen kann. Datenverwaltung, Pflege der Webseite, Email-Korrespondenz. Die Gründer des Unternehmens wiederum pflegen durch ihr Unternehmen auch ihren Lebensstil, wie zum Beispiel Thomas Jakel. Er widmet sich neben dem Unternehmen seinem Interesse für Indien, engagiert sich dort für gesellschaftliche Projekte und radelt mit dem Fahrrad zum Subkontinent. Zeit findet er dafür durch die virtuelle Mobilität.
Anja Hagedorn von der HHL Leipzig, Lehrstuhl für Innovationsmanagement, sagte der Wirtschaftswoche, dass die Affinität zu den neuen Medien der Schlüssel für solche Lifestyle Entrepreneure sei. Ziel der Generation Y sei es, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu finden. Freizeit ist für viele nicht mehr der Fussballclub von nebenan, sondern die Amazonasreise auf eigene Faust. Der unternehmerische Wille wird durch die persönlichen Träume und Ziele gespeist.
Auch viele Angestellte bauen parallel zum Job eigene Unternehmen auf, das gibt ihnen mehr Sicherheit. Für die Sicherheit bezahlen sie mit einer längeren Aufbauphase und nur allmählichem Wachstum, doch von Anfang an erhalten sie den wichtigsten Lohn für ihre Arbeit, sie tun, das was ihnen gefällt. Gerade für die Parallelstarter ist es günstig, Routine-Geschäftsprozesse an virtueller Assistenzen und Hilfskräfte auszulagern. Denn schließlich hat man noch einen Job und genug Zeit , um an seinem neuen Ideen für sein Lifestyle-Unternehmen zu arbeiten, braucht man schließlich auch. Unternehmen aus Freiberuflern, die ein Netzwerk der Kollaboration über die digitale Weltkugel spannen – so könnten in Zukunft viele Träumer zu Unternehmern avancieren.